Ein fliegendes Denkmal für Vereine

19.01.2023 00:45
#1
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Seit 2008 war die JuBi Ratzeburg eine gute Adresse für ältere Segelflugzeuge. Unter Anleitung erfahrener Werkstattleiter reparierten und überholten dort junge Menschen Flugzeuge in Holz- und Gemischtbauweise. Über 25 Flugzeuge (vom SG 38 über Goevier, Grunau Baby, Elfe sowie zahlreiche Klassiker wie Ka2, Ka6, K7, K8 und ASK 13 und sogar einige Motorsegler) wurden dort fertiggestellt. Selbst das Fernsehen berichtete mehrfach. Für die Teilnehmer stand ein eigenes Schulflugzeug zur Verfügung, in den letzten Jahren war dies ein Kranich III. Er erhielt 2016 als technisch bewegliches Denkmal die Denkmalplakette des Landes Schleswig-Holstein.

Nun ist die JuBi nach einigen personellen Wechseln zumindest für den Flugzeugbau Geschichte. Durch Vermittlung des Bundesausschuss Historie und Technik im DAeC wurde dem Verband das fliegende Denkmal Kranich III (D-5292) geschenkt.

So wie dies in der JuBi geschah, soll das fliegende Denkmal für die Förderung junger Menschen eingesetzt werden. Angesprochen sind Vereine, die ihre Mitglieder an das Fliegen mit Oldtimern heranführen wollen. Auch wenn der Kranich III bereits 70 Jahre alt ist, so ist er keineswegs ein schwer fliegbares oder leistungsschwaches Segelflugzeug. Diese letzte Entwicklung von Hans Jacobs aus dem Jahr 1952 entstand bei den Focke-Wulf-Flugzeugwerken in Bremen. Zu seiner Zeit war der Doppelsitzer ein „High-End“ Produkt. Nur für die damalige Nachkriegszeit zu teuer, so dass letztlich nur 40 Stück gebaut wurden.

Wenige Wochen nach dem Erstflug nahmen Ernst Frowein und Hanna Reitsch jeweils mit einem Doppelsitzer an den Segelflugweltmeisterschaften in Spanien teil. Auch wenn der Segelflug erst seit kurzem in Deutschland wieder erlaubt war, belegten sie damals den zweiten und dritten Platz. Der spätere Segelflugweltmeister Heinz Huth errang 1955 mit dem Flugzeug die Deutsche Meisterschaft, einige akademische Fliegergruppen (Akaflieg) kratzen alles Geld zusammen, nur um einen Kranich III kaufen zu können.

Mit seinen gewaltigen Ausmaßen (18 Meter Spannweite) war das Segelflugzeug in Holz- und Gemischtbauweise sogar so eigenstabil und gutmütig in der Luft, dass die DLR mit einem Vorbau auf der Rumpfnase die Profile neuer Flugzeuge im Freiflug erprobte. Als Helmut Reichmann mit der SB 11 Segelflugweltmeister wurde, untersuchte man das Tragflächenprofil zuvor mit einem Kranich III.

Der Kranich III des DAeC besitzt nicht nur gute und einfach zu handhabende Flugeigenschaften, sondern verfügt auch über recht geringe Ruderkräfte. Mit seinen nach oben und unten ausfahrenden Luftbremsen lässt sich der Anflug leicht steuern. Markant ist nur ein Pfeifen der Landehilfen, manchmal eine Warnung für diejenigen Unbelehrbaren, die meinen, eben „mal schnell“ durch die Landegasse laufen zu müssen.

Erst im Sommer 2022 wurde die Grundüberholung des Rumpfs abgeschlossen. Somit steht den Mitgliedsvereinen im DAeC ein gut gewartetes Segelflugzeug zur Verfügung. Interessierte können sich direkt an den Bundesausschuss Technik wenden. Verliehen werden soll für längere Wochen oder sogar Monate, allerdings wird erwartet, dass die Entleiher für die laufenden Kosten aufkommen sowie einen Beitrag leisten, damit die Jahresnachprüfung und Winterwartung finanziert werden können.

Der Bundesausschuss Historie und Technik wirbt darüber hinaus um Spenden. Sinnvoll wäre ein neuer Anhänger. Denn der bisherige steht zwar ebenfalls unter Denkmalschutz, verfügt aber nur über eine Plane und verlangt durchaus kräftig gebaute Helfer.

Die D-5292 verfügt über ein Haupt-, Bug- und kleines Spornrad, lässt sich also recht bequem im Flugzeugschlepp auf Grasplätzen starten. Die Produktionsnotizen aus Bremen aus dem Jahr 1951 legen nahe, dass dieser Kranich III von Beginn an so entworfen wurde. Ein Windenstart ist mit den Seitenwandkupplungen möglich.

Der DAeC beschreitet mit dem Kranich III neue Wege für die Förderung der Sportart. Wenn es auch ein Oldtimer ist, so war Hans Jacobs mit Sicherheit kein Oldie. Sondern ein genialer Konstrukteur.

Interessierte Vereine können über dieses Forum mit uns Kontakt aufnehmen. Dankbar nehmen wir auch für Ratschläge und Anregungen entgegen, wie wir um Unterstützung und Spenden für das Segelflugzeug werben können (Aufkleber von Firmen gehen beispielsweise nicht, denn es ist ja ein Denkmal). Sicher gibt es andere clevere Vorschläge. Unser Ziel ist es, so preiswert wie möglich junge Menschen an Oldtimer heranzuführen. Denn sie beißen nicht und fliegen -wie bei dem Kranich III- außerordentlich gut und harmonisch.

Bundesausauschuss Historie & Technik im DAeC e.V.

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16.02.2023 10:42 (zuletzt bearbeitet: 16.02.2023 11:21)
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Ich bin verwirrt. Handelt es sich bei der D-5292 um die ehemalige D-2011, die ja als Denkmal in S-H eingetragen ist? Laut www.alles-mit-links.ch gab es von 1953 bis 1957 bereits eine D-5292, die dort mit Werknummer 65 oder 67 vermutet wird. Ist das ebenfalls das gleiche Flugzeug?


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17.02.2023 17:41
#3
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Ja das ist ja der Witz! Das hast du sehr gut beobachtet.
Als die D-5292 in den Fünzigern in Lübeck hatte, wechselte das Kennzeichen (sie war lange nicht flugfähig und Hans Jacobs fertigte noch die Reparaturzeichnungen - beim Start war eine Fläche im hohen Gras hängengeblieben und den rest kann man sich denken-).
Der Berliiner Aeroclub flog danach mit der D-2011, was auch gut passte, weil die Flugzeuge der Akaflieg Berlin bei D-2007 begannen (die Akaflieg nutzte den Kranich III).
Als nun vor einigen Jahren der Rumpf zur GÜ anstand, war es der Wunsch der Denkmalpflege, dass das ursprüngliche Kennzeichen nach Möglichkeit wiederbeschafft werden sollte - und wie der Zufall es will, es war frei!
Also habe ich es gleich reserviert und nun ist die D-5292 wieder genau so, wie sie 1953 ausgeleifert wurde (kleiner Witz am Rande: Die Produktionsnotiz bei Focke-Wulf für die Fertigstellung des Rumpfs ist von Ende 1951.
Es handelt sich also um das gleiche Flugzeug und wenn wir es richtig gemacht haben, stimmt auch die Lackierung von damals wieder. Die Denkmalpflege ist zufrieden. Deshalb auch das Kennzeichen zusätzlich oben auf der rechten Fläche.

Bundesausauschuss Historie & Technik im DAeC e.V.


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17.02.2023 17:44
#4
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Übrigens, Werknummer ist 66

Bundesausauschuss Historie & Technik im DAeC e.V.


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10.03.2023 16:48
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20.03.2023 10:33
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Vielen Dank, Alexander, jetzt sehe ich klarer :-)


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29.04.2023 10:52
#7
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Moderator

Im Anschluss an die AERO habe ich quer durch Deutschland alle Hersteller von Segelflugzeugen für mein neues Buch besucht. Naütlich kam auch der Kranich III zur Sprache. Ich war schon erstaunt, dass unisono alle von dieser frühen Konstruktion schwärmten. Und mi teilweise vorrechneten, welche Merkmale so hervorstechend sind, dass sie auch heute noch Vorbild für Konstruktionen sind. Hans Jacobs hat da wirklich viel Gehirnschmalz investiert. Allein die Entwicklung eines Seitenruders als "Beinahe-Pendelruder" verbunden mit großer Tiefe führt zu einer sehr guten Abstimmung des Leitwerks und ist wesentlich für die kleinen und mit wenig Kraft verbundenen Ruderausschläge. Man unterliegt der Fehleinschätzung beim Anblick des Vogels anzunehmen, dass die wirklich großen Ruder auch hohe Kraft erfordern. Das Gegenteil ist aber der Fall.

Bundesausauschuss Historie & Technik im DAeC e.V.


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